Am Wochenende 21./22./23. Juni 2024 veröffentlichte das Handelsblatt einen großen Artikel über die Forderung von 1000 Firmen für ein neues Unternehmensmodell. Dieses soll die Nachfolge in Familienunternehmen vereinfachen und gleichzeitig das übergeordnete Unternehmensziel stärken. Die Politik ist nun zum Handeln gezwungen.
Ziel von 1000 Unternehmern ist es durch eine neue Rechtsform ihre Firma an Nachfolger, innerhalb oder außerhalb der eigenen Familie, leichter übergeben zu können, unabhängig von den finanziellen Mitteln dieser.
Hier werden seit Längerem unterschiedliche Modelle diskutiert und vorgeschlagen, die sehr komplexe Gebiete ansprechen, wie Recht und Steuern. Auch soll die Bürokratie vereinfacht werden.
Im Artikel wird auf die Statistik des BVMWs (Bundesverband mittelständische Wirtschaft) verwiesen, die besagt, dass bis 2026 bundesweit ca. 160.000 Firmen einen Nachfolgeprozess durchlaufen werden. Gerade weil die Nachfolge immer häufiger nicht innerhalb der eigenen Familie gesichert werden kann, fordern die Familienunternehmer eine neue Rechtsform, die sicherstellt, dass der Nachfolger das Vermögen und den Sinn und Zweck des Unternehmens langfristig sichert.
Durch Vermögensbindung und Verantwortungseigentum, damit der Nachfolger das neu erworbene oder übertragene Unternehmen nicht einfach schnell selbst veräußert, wo sich doch die ursprünglichen Unternehmensinhaber für den Erhalt des Unternehmens entschieden hatten.
Ich selbst war ursprünglich Unternehmensnachfolgerin im Familienunternehmen und kann daher die Gedanken und Sorgen, sowie die Forderung nach der neuen Rechtsform, sehr gut nachvollziehen.
Allerdings denke ich, dass hier jeder Nachfolger und jede abgebende Unternehmerfamilie ihren eigenen Weg finden muss. Bisher waren auch ohne neue Rechtsform Nachfolgeprozesse innerhalb sowie außerhalb der eigenen Familie möglich und zumeist mit dem Ergebnis, dass das Herz, das Vermögen und das Erbe der Unternehmerfamilie nicht nur erhalten blieb, sondern auch wachsen konnte.
Meiner Meinung nach gehört nämlich sehr viel Mut, Sachverstand und Herzblut dazu als Nicht-Familienmitglied einen Nachfolgeprozess überhaupt anzutreten. Nur wenn die Einstellung, Haltung und Chemie zwischen beiden Parteien stimmen, funktioniert die Nachfolge und das Familienunternehmen lebt weiter.
Ich denke, wenn der Nachfolgeprozess unstimmig beginnt oder mit Konflikten schon vorbelastet ist, wird auch so eine neue Rechtsform die Suche nach geeigneten und vor allem innerlich bereiten Nachfolgern Erfolg haben.
Eine neue Rechtsform bringt Chancen, weist aber auch Risiken auf.
Sie schneidet unter Umständen die unternehmerischen Freiheiten des Nachfolgers so ein, dass es eher schwerer als leichter sein könnte, ein „perfect match“ zu finden.
Ich finde Vertrauen, fachliche und persönliche Eignung eines Nachfolgers sind die entscheidenden Kriterien. Auch müssen abgebende Familienunternehmer umdenken. Natürlich sollte das, was mit viel Herzblut, Schweiß und Tränen geschaffen wurde, nicht nur erhalten bleiben, sondern weiterwachsen können. Wer den oder die geeigneten Nachfolger an seiner Seite weiß, kann auch mit den aktuellen Rechtsformen seinen richtigen Nachfolgeweg gehen.
NACHFOLGEPROZESSE SIND HOCH EMOTIONAL UND EXTREM KOMPLEX.
Weder Recht noch Steuer sind hier die treibenden Kräfte, sondern die Haltung, Einstellung und Wünsche beider Parteien im Nachfolgeprozess. Hier muss die Chemie stimmen und an zwei übergeordneten, gleichwertigen Hauptzielen, Erhaltung und Sicherstellung der Zukunftsfähigkeit des Unternehmens, gemeinsam gearbeitet werden.
Dazu bedarf es Wahrung und Schutz des Kerns des Unternehmens einerseits, und dynamische Neuausrichtung für die Zukunftsfähigkeit andererseits.