Mittelstandsfuechse

WAS IST DIE THEORIE U – VON DER ZUKUNFT HER FÜHREN – UND WELCHE BEDEUTUNG HAT SIE FÜR UND FRAUEN UND WELCHE FÜR DIE NEUE KI-ARBEITSWELT?

WAS IST DIE THEORIE U – VON DER ZUKUNFT HER FÜHREN – UND WELCHE BEDEUTUNG HAT SIE FÜR UND FRAUEN UND WELCHE FÜR DIE NEUE KI-ARBEITSWELT?

Die Theorie U von C. Otto Scharmer gehört meiner Auffassung nach zu den aktuell bedeutendsten wissenschaftlichen Theorien und Ansätzen.

Warum ich das denke, erkläre ich gern mit meinen Gedanken dazu.

Scharmer hat meiner Meinung nach recht. Die aktuellen weltlichen Herausforderungen, wie der Klimawandel, die Ressourcen- und Glaubenskriege werden immer wieder versucht zu lösen mit unseren alten Denk-, Verhaltens-, und Verhandlungsmustern. Die Resultate sehen wir gerade auch im Jahr 2023 sehr deutlich. Seine Führungsmethode will den Erfordernissen der Nachhaltigkeit und globaler Verantwortung im Management gerecht werden. „Von der Zukunft her führen“ bedeutet eine andere, achtsame Herangehensweise.

Wenn Sie jetzt immer noch nicht verstehen, was dahinter steckt- keine Sorge- so ging es mir auch im ersten Leseversuch des 480-seitigen dicken Schinkens. Ich hatte zwar eine Ahnung und wusste in komplizierten Worten, was er meint, doch die Kernaussage, die ich persönlich für mich daraus entnahm, muss doch auch in verständlichen Worten mitgeteilt werden können, oder?

Hier nun meine persönliche Erläuterung in (hoffentlich) leicht verständlicher Form.

Grund für einen neuen Denk- und Handlungsansatz in Führung:

Ich stelle die Hypothese auf, dass wir wie aktuell (12.2023) am Klimagipfel wieder erkennen, dass die bisherigen politischen und wirtschaftlichen Verhandlungen, Handlungen und Denkweisen nicht die notwendige globale Lösung auf den Klimawandel oder den Ressourcenkampf geben. Meiner Meinung nach fühlt es sich als Einzelperson recht ohnmächtig und hilflos an, ich sehe da nicht die notwendige kräftige Ziehung an einem gemeinsamen Strang, sondern individuelle Wünsche, Meinungen und Glaubenssätze.

Grundannahmen für den neuen Ansatz:

Nach Otto Scharmer gibt es vier Grundtypen des Zuhörens (nachzulesen ab S. 73-75):

  1. Downloaden bzw. „Ist schon klar, ich weiß schon!“

Die erste Stufe der Aufmerksamkeit im Zuhören und Denken ist das sogenannte Downloaden. Hier rufe ich im Gehirn mir altbekannte Informationen nur ab, ohne groß nachdenken zu müssen oder dass diese Informationen meine Aufmerksamkeit erhalten.

Praxisbeispiele:

  • Wenn ich meine Freundin/ Kollegin/Chefin in altbekannter Frisur, Kleidung und Köperhaltung sehe, ist alles „normal“- ich denke darüber weder nach noch spreche ich etwas an.
  • Im Gespräch schalte ich innerlich gedanklich sofort ab, sobald ich mir schon sehr gut bekannte Informationen höre und wahrnehme, z.B. eine mir schon bekannte Geschichte erneut vom Arbeitskollegen oder Freund höre.

In diesen Fällen bin ich komplett gedanklich und mit meiner Wahrnehmung ganz bei mir bzw. in mir, ausgehend von meinen üblichen Seh- und Denkgewohnheiten, z.B. bin ich mit meinen eigenen Gedanken innerlich beschäftigt, und höre nicht mehr wirklich zu oder schaue nicht mehr im Detail hin.

2. Faktenbezogenes oder objektfokussierte zuhören „Oh, jetzt sieh dir das mal an!“

Hier hört man jemanden zu und lenkt dabei seine Aufmerksamkeit auf neue Fakten oder unerwartete Dinge, die der vorherigen „Norm“ abweichen oder neu hinzukommen.

Man wird hellhörig und aufmerksam, da man etwas Neues, Interessantes hört oder entdeckt und ist somit mit seiner Aufmerksamkeit nicht mehr nur bei einem selbst, sondern schon viel mehr in der Außenwelt, bei dem Neuen. Diese Art des faltenbasierten Denkens ist auch die Grundlage der meisten wissenschaftlichen Arbeiten.

Praxisbeispiel:

Im Gespräch nimmt man plötzlich eine vorher unbekannte, neue und interessante Information auf, man wird also hellhörig und neugierig. Das kann z.B. die Information sein, dass die Weihnachtsfeier abgesagt wurde, dass jemand unvorhergesehen versetzt oder gekündigt wurde. Es kann auch im Sinne des sehenden Denkens die Wahrnehmung einer neuen Haarfarbe, Frisur oder körperliche Veränderung bei einer bekannten Person sein.

3. „Oh ja, ich weiß, ich verstehe dich!“ oder das empathische Zuhören und Denken

Ab hier lassen wir uns tatsächlich im Gespräch auf einen Dialog ein und verschieben den Ort unserer Wahrnehmung, das Zuhören oder Sehen findet nicht nur im Ohr oder Auge und Kopf statt, sondern geht tiefer, auch ins Herz. Wir nehmen somit tiefe Emotionen wahr, nehmen diese auch in uns auf, fühlen nach, und spiegeln diese Wahrnehmung in Form von Körperhaltung, Blicken und Worten dem anderen zurück. Wir hören und sehen mit dem Herzen. Wir aktivieren ab dieser Stufe diese besondere menschliche Fahrigkeit, die Intelligenz unseres Herzens und der Intuition. Wir nehmen also einen Teil des anderen in uns auf, verarbeiten das und tauschen nicht nur Worte und Blicke aus, sondern auch Emotionen. Wir schwingen mit. Dadurch entstehen die tieferen Verbindungen und Verständnisse. Wir nehmen nicht nur uns und den Gegenüber wahr, sondern auch das, was durch diesen emotionalen Austausch noch zwischen uns Menschen entsteht.

Praxisbeispiele:

  • Langes, intensives persönliches Gespräch, z.B. wenn jemand ein schweres Ereignis wiederfahren ist (akute Krankheit, Verlust eines geliebten Menschen, Geburt, Hochzeit….)
  • Im Business oft intimere längere Gespräche mit Kollegen oder Geschäftspartnern, oft im Rahmen eines Coachings, Personalgespräches oder sehr persönlichem Pausengespräch.
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4. Schöpferisches Zuhören oder „Ich kann, was ich erlebe, nicht in Worte fassen“

Die vierte Stufe des Zuhörens und Denkens ist die schöpferische Stufe. Das sind intensive Gespräche zwischen Menschen, wo Raum und Zeit gefühlt verschwinden, wo man intensiv miteinander diskutiert und sich in einem schöpferischen Flow befindet. Hier schwingen wir nicht nur emotional mit, sondern das vom anderen Gesagte nehmen wir intensiv in uns auf, verarbeiten es direkt innerlich und schöpfen neue Gedanken, die wir auch direkt mitteilen. Wir nehmen also einen Teil des anderen (seine Gedanken und Ansichten) in uns auf, lassen diese direkt im hier und jetzt wirken, weil wir dazu gewillt sind. Gleichzeitig lassen wir in dem Moment altes von uns los, z.B. die alte Ansicht, und lassen eine neue Haltung oder neues Wissen in uns entstehen. Das sind die Gespräche, aus die man gefühlt gewachsen und beflügelt hinausgeht, also sich anders und beseelter fühlt als vor dem Gespräch. Das sind die Dialoge, in denen die Zukunft sozusagen entsteht-wir lassen bewusst neues in uns zu, teilen ganz intensiv mit Gesprächspartnern Gedanken und Wissen. Wir verlagern die Art des Zuhörens und Denkens aus uns heraus in einen Bereich der Emergenz.

Diese Stufe ermöglicht das Entstehen einer neuen Zukunft, in uns selbst und im Gegenüber. Ottos Scharmer beschreibt es so, dass wir im Gespräch das (alte) selbst loslassen und so Platz für neues machen- wir sind vom Denken, Fühlen und Handeln offen für Neues. Dieses Neue entsteht im interaktiven Dialog miteinander.

Praxisbeispiel:

Das sind die persönlichen intensiven Dialoge, bei denen es aus einem nur so raussprudelt, wo man sich gegenseitig ergänzt, sich auf das, was an neuen gemeinsamen Gedanken und Wissen entsteht konzentriert und nicht mehr auf sich oder die Person gegenüber. Das sind die Gespräche, aus denen man gefühlt innerlich gewachsen herausgeht, wo man gedanklich noch lange in einem positiven Rausch sich empfindet und nicht in Worte fassen kann, was da tatsächlich im Gespräch passiert ist. Körperlich und innerlich empfindet man sich beseelt und innerlich beschenkt. Oft entstehen gerade in solchen Gesprächen neue konstruktive Denkweisen, das heißt man geht mit einem anderen Mindset aus dem Gespräch heraus, als man hineingegangen ist, und zwar positiv konstruktiv empfunden. Das sind die Momente nach einem Gespräch, wo wir uns innerlich ganz klar wahrnehmen, die höchste innerliche Klarheit empfinden.

Das U der Theorie- Handeln von der entstehenden Zukunft her

C. Otto Scharmer her sagt, dass wir die dritte und vierte Stufe des Zuhörens und Denkens weiter ausbauen müssen, um in der Lage zu sein, den neuen globalen Herausforderungen, wie z.B. KI und Klimawandel, gewachsen zu sein. Diese dritte und vierte Stufe lässt sich seiner Auffassung nach durch Achtsamkeitstraining schulen.

Das U sagt im Endeffekt innehalten, Luft holen, wirken lassen, alte Ansichten und Muster loslassen (das ist der untere Bogen im U, um dann mit neuen Ansichten einen Schritt weiterzukommen. Das erreichen wir durch öffnen des Denkens, öffnen des Herzens und öffnen des Willens.

Das symbolisiert das U, also nicht den Buchstaben, sondern die Form des U ist das Symbol für die Theorie.

C. Otto Scharmer bezeichnet dies als „Presencing“, zusammengesetzt aus den Wörtern „Presence“, im Sinne von hier und jetzt, und sinnhaftes fühlen, „Sensing“. Es bezieht sich auf die Fähigkeit als Einzelperson oder Gruppe das höchste Zukunftspotenzial zu spüren und mit der Gegenwart zu verbinden. C. Otto Scharmer leitet dazu einen Lehrstuhl und eine international tätige Forschungsgruppe am MIT.

Meine persönliche Meinung und Hypothesen:

Ich denke, der Trend der Theorie U ist definitiv zu sehen, da im Business sowie auch im Privaten es mittlerweile einen riesigen Markt für Coachings, Achtsamkeitstrainings, Ayurveda, Meditationen und Co gibt.

Und ja, ich selbst liebe die Gespräche in der beschriebenen vierten Stufe und ich bin persönlich regelrecht süchtig danach. Es gibt ein paar Menschen in meinem Freundes- und Berufskreis, bei denen ich solche Gespräche häufig erlebe. Wann diese entstehen und wie tief diese gehen, lassen sich meiner Meinung nach leider nicht planen. Ich weiß nur je offener und lockerer ich in Gespräche hineingehe, je mehr ich den Fokus auf den Gegenüber lege, desto häufiger komme ich in den Genuss der vierten Stufe- mit dem Ergebnis mich innerlich „wissender“ oder „reifer“ zu empfinden.

Ich glaube, dass gerade wir Frauen in Stufe drei und vier sehr stark sind, uns aber sehr oft nicht trauen oder uns zurückhalten, aus Angst vielleicht vor negativen Konsequenzen oder vermeintlich als „weich“ dazustehen, gerade im Business.

Wir Frauen können die Lösung für die aktuellen globalen Herausforderungen durch unsere empathische Stärke sein-wenn wir diese mutig zeigen und trainieren.

Ich vermute, dass gerade Frauen an Stufe eins und zwei festhalten, obwohl das sogenannte „Bauchgefühl“ etwas anderes sagt, weil dieses schon in Stufe drei und vier ist.

Vielleicht sind gerade jetzt wir Frauen gefragt neue Denk- und Handlungsmuster mit Achtsamkeit und Empathie im Vordergrund anzustoßen und nach vorne zu treiben.

Vielleicht sind gerade wir weiblichen Mitmenschen dazu auserkoren uns auf unsere Fähigkeit der Empathie zu konzentrieren und uns ab sofort mehr trauen proaktiv in Stufe drei und vier zuzuhören, zu denken und zu handeln, damit durch uns eine neue Zukunft entstehen kann, mit hoffentlich einer neuen einheitlichen globalen Lösung für den Klimawandel, Glaubens- und Ressourcenkämpfe auf der Welt.

KI kann das Katapult für Theorie U bzw. Presencing sein- wenn wir lernen sie richtig einzusetzen.

KI löst bei vielen große Angst und Unsicherheit aus. Ich persönlich denke, dass KI unsere Chance auf eine bessere Zukunft im Sinne der Theorie U uns bietet, da meiner Meinung nach KI unsere Denkstufen eins und zwei weitestgehend „ersetzen“ wird. Stufe drei und vier wird KI nicht ersetzen können. Aber vielleicht ermöglicht uns KI unsere menschlichen Ressourcen Denken und Zuhören in Stufe eins und zwei zu reduzieren, um uns durch KI auf Stufe drei und vier voll entfalten zu können, weil wir im Sinne der Theorie U, „altes“ wie hauptsächlich in Stufe eins und zwei zuhören, denken und handeln, loslassen können und so neues, somit mehr Stufe drei und vier, zulassen- somit die neue Zukunft in uns entstehen kann, und zwar durch KI.

Für mich ist die Theorie U nicht nur eine Management- und Führungsmethode, sondern tatsächlich eine neue soziale Technik, die entscheidend sein wird für eine lebenswerte Zukunft mit dem Ziel schnell eine globale Lösung zur den Klimawandel, Glaubenskampf und Ressourcenverteilung zu finden.

Der Blogartikel bezieht sich auf das Buch „Scharmer (2020): Scharmer, Otto C.,Theorie U- Von der Zukunft her führen Presencing als soziale Technik, Heidelberg, Carl Auer Meine Arbeit als Beraterin, Trainerin und Coach ist maßgeblich von aktuellen Forschungsmethoden und Theorien aus dem Change Management geprägt, auch von der Theorie U. Mehr Infos zu mir und meiner Arbeit finden Sie unter www.mittelstandsfuechse.de

Ich will den Leitfaden + Checkliste:
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