Oft werden die Begriffe Effizienz und Effektivität im Berufsalltag verwechselt oder gleichwertig verwendet. Doch für präzise und zielführende Entscheidungen und Handlungen sollte sich jede*r genau überlegen, ob das Ergebnis bzw. Ziel effizient oder effektiv erreicht werden soll. Denn je nach Entscheidungsgrundlage fallen die Handlungen, Zeitfenster und Entscheidungswege sowie auch Konsequenzen sehr unterschiedlich aus.
Wer Google verwendet, stolpert schnell über folgende Definitionen:
Effizienz meint, die Dinge richtig zu machen. Dies bedeutet, man arbeitet beispielsweise schneller oder ressourceneffizienter. Effektivität bedeutet, die richtigen Dinge zu tun. Damit sei zum Beispiel die richtige strategische Orientierung gemeint, um Ziele zu erreichen.
Allerdings ist meiner Auffassung nach die oben genannte Definition nicht richtig. Laut meiner Praxiserfahrung und Meinung stellen sich die Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Effizienz und Effektivität wie in den unteren Abbildungen dar:
Effektivität: Erläuterung und Praxisbeispiel (Eigene Darstellung von Mittelstandsfüchse)
Effizienz: Erläuterung und Praxisbeispiel (Eigene Darstellung von Mittelstandsfüchse)
Gern verdeutliche ich die Bedeutung und Anwendung der Begrifflichkeiten Effizienz und Effektivität anhand eines aktuellen Praxisbeispiels aus meiner eigenen internen Arbeit:
Ich erstellte im August mit der Agentur Sichtflug Marketing vier Videos für mein eigenes Marketing. Die Agentur und ich investierten zwei gemeinsame intensive Workshops für die Vorbereitung und Content-Kreation sowie zusätzlich einen Drehtag in der Agentur, insgesamt summierte sich die Arbeitszeit auf ca. 35 Zeitstunden. Erst bei der Fertigstellung der letzten Videoszenen fiel uns auf, dass die ganze Zeit etwas Lippenstift auf einem meiner Schneidezähne sichtbar klebte. Somit waren fast alle Videos durchweg mit diesem Schönheitsmakel erstellt worden.
Die Agentur bot mir an, die Videos an einem anderen Tag erneut zu drehen, um diesen „Makel“ zu korrigieren. Ich entschied mich entschlossen dagegen, die Videos erneut zu erstellen. Schließlich bin ich beruflich und privat eine Verfechterin für Effizienz.
Ich wägte dementsprechend ab. Effektiv wäre gewesen das Zeitfenster zu verlängern und erneut mindestens einen Drehtag zu investieren, somit den Ressourceneinsatz dementsprechend zu erhöhen. Allerdings hätte dieser Qualitätsanspruch bzw. Anspruch an Effektivität eine deutlich höhere Investition an Zeit und Planungsaufwand für die Agentur und mich bedeutet sowie dementsprechende Mehrkosten.
Bewusst entschied ich mich für den effizienten Weg – die Akzeptanz des nicht ganz perfekten Drehergebnisses unter Erreichung der dafür tatsächlich geplanten und verwendeten Ressourcen sowie des geplanten und tatsächlich realisierten Zeitfensters. Schließlich wäre ich eine schlechte Verfechterin für Effizienz, wenn ich wegen dieses augenscheinlichen Qualitätsdefizites meine terminierte und auch realisierte Zielerreichung verworfen hätte. Ich wog die Chancen und Risiken des erneuten Drehs ab – und entschied mich wieder gegen eine Wiederholung. Letztlich war das Gesamtergebnis des Drehtages genau so, wie die Agentur und ich es vorab als Zielergebnis definiert hatten. Und das Risiko, dass auch bei der Wiederholung etwas hätte, schief gehen können, wie z. B. inhaltliche Hänger, oder dass ich auch dann mögliche, andere „Qualitätsdefizite“ produzieren könnte und somit eventuell sogar ein dritter Drehtag notwendig werden würde – nein, der dadurch höhere Ressourceneinsatz war erstens meinerseits vorab nicht eingeplant gewesen und zweitens war das Ergebnis an sich zufriedenstellend.
Wenn man als Zuschauerin oder Zuschauer vom Lippenstift am Zahn auch vorher gar nicht weiß, entdeckt man diesen dann überhaupt? Wer von den Zuschauern bewertet und gewichtet daraufhin für sich selbst wie hoch und in welcher Form so einen augenscheinlichen Schönheitsmakel? Und würde überhaupt von einem optischen kleinen Makel auf die Qualität der Arbeit oder des Inhalts geschlussfolgert? Oder mache nur ich mir dazu solche Gedanken?
Falls die oberen Fragen von Zuschauern mit JA beantwortet würden, werden sie so gewichtet, weil ich eine Frau bin und eventuell Optik mehr als Inhalt oder Qualität für den Betrachter zählt?
Wie würde ein Mann bewertet, der solch ein Video veröffentlicht und sichtbar noch etwas Kräuterextrakt am Zahn hängen hat? Und was sagen die Schlussfolgerungen über den Charakter und die Wertevorstellung des Publikums aus?
An dieser Stelle überlasse ich Ihnen, liebe Leserin und lieber Leser die Quintessenz und Gedankengänge zu Effizienz und Effektivität sowie die Bewertung und Beurteilung von Qualität und Zielerreichung und die dementsprechenden Zusammenhänge zu Geschlecht und Schönheitsmakel.
Und Schwups, ist aus einem Blogartikel über Effizienz und Effektivität direkt zusätzlich ein Artikel über die systemischen Zusammenhänge von Perspektiven, Ausgangswissen, Reflexion und Bewertung entstanden!
Interesse geweckt? Mehr Infos unter www.mittelstandsfuechse.de